Der Wald wird seit jeher von Menschen genutzt. Noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert diente er in der Schweiz unter anderem als Futterquelle für Vieh (Waldweide, Waldheu, Laub), als Lieferant für Unterlage (Laub- und Nadelstreue für Vieh sowie Bettlaub für Menschen), als Wirkstoff, Brennstoff und Werkstoff (1). Heute stellt die Gesellschaft andere Ansprüche an den Wald. So stehen jetzt Leistungen wie Ressource Holz, Erholung, Artenvielfalt, Lebensräume (Biodiversität), Wasserfilter, CO2-Speicher, Bildungsraum, Schutz vor Naturgefahren im Fokus (2).
Damit der Wald diese vielfältigen Leistungen (Ökosystemleistungen) erfüllen kann, ist die naturnahe Waldbewirtschaftung zentral. Mit der naturnahen Bewirtschaftung greift man gezielt in den natürlichen Lebenszyklus des Waldes ein, um einen Zusammenbruch zu verhindern. So kann der Wald die wertvollen Ökosystemleistungen durchgehend erfüllen.
Vom Jungwald bis zum Altbestand werden, je nach Alter des Waldbestandes unterschiedliche Forstarbeiten ausgeführt. Diese Forstarbeiten sind hier im Allgemeinen beschrieben.
Externe Links:
(1) https://www.wsl.ch/de/wald/bewirtschaftung-und-waldfunktionen/historische-waldnutzung.html
(2) https://www.waldschweiz.ch/de/wissen/waldleistungen
Eine Pflanzung wird gemacht, wenn auf einem Standort auf natürliche Weise keine jungen Bäume wachsen.
Die gepflanzten Bäume werden mit einem Einzelschutz aus Holz oder Kunststoff vor hungrigem Rehwild und anderen Einflüssen geschützt. Der Einzelschutz bleibt für ca. fünf bis acht Jahre im Wald und wird danach entfernt und entsorgt.
Die naturnahe Waldbewirtschaftung möchte wann immer möglich mit den natürlich nachgewachsenen Jungbäumen arbeiten, die sogenannte Naturverjüngung oder natürliche Verjüngung. Jedoch wächst die natürliche Verjüngung nicht immer erfolgreich an. In diesem Fall kann eine Fläche mit der Pflanzung von standortgerechten Baumarten ergänzt werden.
Auf Flächen mit natürlicher Verjüngung oder nach einer Pflanzung mähen Forstwarte während den ersten fünf bis acht Jahren, damit keine unerwünschten Pflanzen (z.B. die Brombeere) Überhand gewinnen. Die Forstwarte achten beim Mähen genau darauf, die jungen Bäume nicht zu verletzen.
Wenn die Baumstämme (oder -stämmchen :-) ) ca. 5 cm dick sind, wird der erste Pflegeeingriff gemacht. Man spricht auch von «Jungwaldpflege». Die Forstwarte fördern die gewünschten Baumarten in ihrer Entwicklung. Es sind Baumarten, die nach aktuellem Stand des Wissens mit den künftigen Klimabedingungen zurechtkommen werden.
Das ist eindrücklich, denn niemand kann heute mit Sicherheit voraussagen, was die künftigen Klimabedingungen genau sein werden, oder ob eine bestimmte Baumart dafür gewappnet sein wird oder nicht. Trotzdem ist es wichtig, sich bereits heute situativ bewusst für bestimmte Arten zu entscheiden. Hier wird Zukunft gemacht.
Nachdem ein Bestand über mehrere Jahre gepflegt wurde (s. Pflege), findet die erste Durchforstung statt. Das Ziel einer Durchforstung ist es, ausgewählten Bäumen mehr Platz und Licht für ihre Krone zu geben. Es sind die Wertträger des Bestandes, die z.B. einen besonders hohen Wert für die Biodiversität haben, eine besonders hohe Holzqualität versprechen oder eine grosse Stabilität haben. Indem einzelne Bäume in deren direkten Nachbarschaft gefällt werden, können die Wertträger besser wachsen.
In der Durchforstung wird in der Regel zum ersten Mal der Vollernter eingesetzt. Für die Bewirtschaftung mit Maschinen (Vollernter und Forwarder) werden spätestens jetzt Rückegassen in den Waldbestand gelegt. Die Maschinen fahren ab der ersten Durchforstung bis zur Räumung des Bestandes (s. Lichtung / Räumung) auf diesen Rückegassen. Rückegassen sind im Gegensatz zu den «spaziergang-fähigen» Waldstrassen unbefestigt. Im Zeitraum zwischen den Durchforstungen wachsen sie zu, sodass sie manchmal nach ein paar Jahren für ein ungeübtes Auge kaum zu erkennen sind. Je nach Gelände und Bodenverhältnissen wird ein sogenannter Astteppich mit Nadelästen auf die Rückegassen gelegt, bevor die Maschinen darüberfahren. Auf diese Weise verteilt sich der Bodendruck der Maschine noch besser.
Ein Waldbestand wird rund alle fünf bis acht Jahre durchforstet.
Das Ziel der Lichtung und der Räumung ist es, eine neue Baumgeneration möglichst auf natürliche Weise herbeizuführen und gleichzeitig das stehende Holz zu nutzen, bevor es seinen Wert verliert.
Bei der Lichtung werden Bäume gezielt über mehrere Jahre hinweg entnommen, sodass sich im Schutz der verbleibenden Bäume eine neue Baumgeneration auf natürliche Weise entwickeln kann. Sobald ausreichend Jungbäume vorhanden sind, fällt man die restlichen Bäume des Altbestandes auf einmal (Räumung) und gibt ihnen damit viel Licht und Platz.
Hinweis: In der Umgangssprache wird häufig der Begriff "Rodung" verwendet, wenn grosse Bäume auf einer Fläche gefällt werden. Rodung ist ein gesetzlich definierter Begriff und bedingt eine Zweckentfremdung der Fläche (das Aufkommen von neuen Bäumen wird verhindert). Umgangssprachlich wird auch häufig von «Kahlschlag» gesprochen. Der Begriff ist ebenfalls definiert und zwar als das vollständige Entfernen von Waldbäumen, welches freilandähnliche Bedingungen schafft. Die fragliche Fläche bleibt aber jederzeit – selbst ohne Bäume - Wald im Sinne des Waldgesetzes. In der jetzigen Waldgesetzgebung fehlt eine flächenmässige Definition eines Kahlschlages.
Rodungen und Kahlschläge sind in der Schweiz grundsätzlich verboten. Ausnahmebewilligungen können vom Kanton nur bewilligt werden, wenn gewichtige Gründe bestehen. (vgl. BAFU Dokument «Begriffsklärung Rodung – Kahlschlag», 2019)